Zwölf Tiere, Sechzig Jahre: Die Geschichte des chinesischen Horoskops

Das chinesische Shēngxiào (生肖) blickt auf mehr als drei Jahrtausende zurück. Sein 12‑jähriger Tierkreis, kombiniert mit den Zehn Himmelsstämmen und den Fünf Elementen, hat Kalender, Politik und Popkultur geprägt – vom Orakelknochen der Shang bis zum Geburtenboom im Jahr des Drachen.

1 – Frühe Anfänge (Shang‑ bis Qin‑Zeit)

Auf Orakelknochen der späten Shang‑Dynastie (ca. 1200 v. Chr.) ist bereits die Sexagesimalzählung aus Zehn Stämmen und Zwölf Zweigen belegt, damals noch ohne Tiernamen.[1]

Um 300 v. Chr. begann man, damit auch Jahre zu benennen; der Zwölfer‑Rhythmus spiegelt die knapp zwölfjährige Umlaufzeit des Planeten Jupiter (歲星, suìxīng).[2]

2 – Warring States bis Han‑Dynastie: Tiere & Kosmologie

Archäologische Funde zeigen Tierkreis‑Figuren bereits im Warring‑States‑Zeitalter (475–221 v. Chr.); spätestens in der Östlichen Han (25–220 n. Chr.) war die Folge Ratte, Ochse … Schwein kanonisch.[3]

Die Han‑Astrologie verknüpfte Yin‐Yang, die Fünf Elemente (五行) und die Stämme‑Zweige‑Zählung zu einem 60‑Jahres‑Zyklus, der bis ins 20. Jh. als offizielle Jahrzählung diente.[4]

3 – Mythen um den Jadekaiser

Volkslegenden erzählen, der Jadekaiser habe ein Wettrennen oder Bankett veranstaltet; die ersten zwölf Tiere erhielten Kalenderplätze – weshalb die Ratte den Ochsen austrickst und der Drache anhält, um Regen zu spenden.[5]

Solche Geschichten sind spätere folkloristische Rationalisierungen der feststehenden Reihenfolge.

4 – Austausch entlang der Seidenstraße (Tang‑Dynastie)

Im 8.–9. Jh. übernahmen Hofastrologen iranische und hellenistische Horoskop‑Techniken (Geburtsbilder nach Sonnenposition) und integrierten sie in das bestehende System. Parallel verbreitete sich der Tierkreis nach Korea, Japan und Vietnam, wo einzelne Tiere ersetzt wurden (z. B. die Katze im vietnamesischen Zyklus).[6]

5 – Kaiserliche Praxis & Volkskultur

Zwischen Song‑ und Qing‑Dynastie gaben Kalenderämter jährlich Tongshu‑Almanache heraus, die günstige Daten für Politik, Landwirtschaft und private Rituale festlegten. Tierkreis‑Darstellungen zierten Keramik, Textilien und Tempel; das Běnmìng Nián (本命年) – das eigene Tierjahr – galt als besonders schicksalhaft.[7]

6 – Moderne Rezeption & „Drachenbabys“

Seit dem 20. Jh. popularisierten Auslands­chinesen, Hochglanz­kalender und Massenmedien den Tierkreis weltweit. In Drachenjahren steigen die Geburtenraten oft deutlich: 2024 verzeichneten chinesische Krankenhäuser bis zu 72 % mehr Geburten als 2023, obwohl die Gesamtbevölkerung schrumpft.[8]

Westliche Medien diskutieren, ob dieser Mythos künftig gegen hohe Lebens­haltungs­kosten und neue Familienwerte bestehen kann.[9]

Fazit

Das chinesische Horoskop vereint astronomische Präzision, kosmologische Philosophie und lebendige Mythologie. Seine Langlebigkeit erklärt sich aus der Fähigkeit, sich politischen Dynastien, religiösen Strömungen und globalen Medien anzupassen – vom kaiserlichen Kalenderamt bis zu Social-Media-Memes im Jahr des Drachen.

Hier kannst du dein persönliches KI-Horoskop erstellen.